Objekte Brigitte Fuchs

 

 


Etruskisches Alphabet, 200 x 115 cm, 1992
Material: alter Sack, Metallvergoldung, Eitempera, Terre Toscana sana
 

 


Objekt Piz Chueru, 180 x 200 cm, 1987


Warum mich auf dem Feldweg zum Atelier ein Textilerdklumpen immer wieder „ansprach“, bis ich ihn eines Tages mitnahm und restaurierte, weiß ich nicht. Es war wohl die Allgegenwärtigkeit des Bewusstseins, die mir die Phantasie schenkte für einen zerfetzten Drecklappen.
Zerstörtes, Kaputtes steht für mich für Verletzung. Abfall der nicht mehr zum Ganzen gehört. Das Herausgefallensein aus dem Paradies in einer Kultur des Überflusses. Auch der archäologische Aspekt beschäftigt mich dabei
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Brigitte Fuchs

 

 


Brief an meine Freundin aus dem Schilf, 1993

 

 

Ausstellungen (eine Auswahl von Einzel- und Gruppenausstellungen)

2012 - Landratsamt Konstanz
2011 -
Rotes Haus, Meersburg
2009 - Zehntscheuer, Münsingen
2008 - Maschenmuseum Albstadt, Regierungspräsidium Karlsruhe
2007 - Rathaus Stuttgart, Bad-Haus Rottweil, Göllsdorf
2005 - Klosterkirche, Pfullingen
2004 -
Ugge Bärtle, Tübingen
2003 - Galerie Kloster Horb
2001 - Backhaus Bad Niederau
1998 - Bildungshaus Deutschfeistritz, Österreich
1995 - Schloss Poltringen
1994 - Internationale Biennale für Textilbiennale Szombathly, Ungarn
1993 - Max-Planck-Haus Tübingen
1992 - Palazzo Comunale, Sovana, Italien
1989 - Graf Zeppelinhaus, Friedrichshafen
1988 -
Museum Villingen
1987 - Internationale Textilbiennale Eghien, Belgien
1986 - Museum für angewandte Kunst Moskau und St. Petersburg
1985 - Internationale Biennale für Textilkunst in Szombathly, Ungarn
1984 - Galerie Signet, Tübingen
1983 - Galerie Stadt Herrenberg
1982 - Gesamtschule Tübingen
   

   

Brigitte Fuchs
Zum Kretzer 2, Casa Reha
88662 Nussdorf

Kontakt per Post oder über den VBKW
(siehe vbkw.de: Impressum)

 

 
 
1935 - In Sömmerda/Thüringen geboren. Mitte der 50er Jahre Flucht der Familie nach Westdeutschland
1956 - Ausbildung in Göttingen: Studium der Kunstgeschichte. Gleichzeitig Ausbildung als Landwirtschaftlich Technische Assistentin mit Staatsexamen
1959 - T.A., Max-Planck-Institut für Biologie in Heidelberg-Schniesheim und Tübingen
1974 - Neben den Aufgaben als alleinerziehende Mutter mit 4 Kindern, Volontariat für Gemälde- und Skulpturenrestaurierung
1979 - Autodidaktische Ausbildung zur Textilrestauriererin (Gesellenprüfung für Handweberei)
1982 - Freischaffende Künstlerin, Gastdozentin für Heilpädagogisches Weben bei der Diakonischen Akademie Stuttgart
1985 - Aufnahme in den VBKW Verband Bildender Künstler und Künstlerinnen Württemberg
1986 - Mitglied des Verbandes der Kunsthandwerker
seit 2009 - lebt und arbeitet in Nussdorf-Überlingen
     
2018   † gestorben
     

LANDESAUSSTELLUNGEN DES BADEN-WÜRTTEMBERGISCHEN KUNSTHANDWERKS:
Ulm, Karlsruhe, Stuttgart, Villingen-Schwenningen, Schwäbisch Gmünd, Friedrichshafen, Esslingen, Reutlingen


ÖFFENTLICHE ANKÄUFE:
Bildungszentrum Leonberg, Oberfinanzdirektion Böblingen, Amtsgericht Reutlingen, Museum Szombathly Ungarn, Regierungspräsidium Tübingen, Maschenmuseum Albstadt.

 


Grabtuch I, 1998, Detail

 

     

Über meine Arbeit im Allgemeinen

Ab meinem 49. Lebensjahr befinde ich mich auf dem Wege über die Restaurierung von Gemälden und Holzskulpturen zur Bildweberei.
Wenn ich auf meinem Wege der Bildweberei, über textile Skulptur, minimal Gewebtem auf fremdem Grund, thermoplastischer Verformung, alten Säcken immer mehr Handgearbeitetes reduzierte, bleibt die Verliebtheit in das Spiel, das mit mein Inneres über die Fingerspitzen in Gestalt bringt.

Ich arbeite mit zerbrochenen Geweben.

Warum mich auf dem Feldweg zum Atelier ein Textilerdklumpen immer wieder „ansprach“, bis ich ihn eines Tages mitnahm und restaurierte, weiß ich nicht. Es war wohl die Allgegenwärtigkeit des Bewusstseins, die mir die Phantasie schenkte für einen zerfetzten Drecklappen.
Zerstörtes, Kaputtes steht für mich für Verletzung. Abfall der nicht mehr zum Ganzen gehört. Das Herausgefallensein aus dem Paradies in einer Kultur des Überflusses. Auch der archäologische Aspekt beschäftigt mich dabei.

Wir verletzen ständig – und doch hält das „Gewebe“.

Ich versuche diese verletzten Gewebe in ein neues Gewand zu „kleiden“, ohne das alte zu verleugnen. Ich nehme alte Fäden auf, von früher, sie werden eingenäht in Leinen, manchmal mit Seite umwickelt oder allein gelassen wie Notenlinien und Zeilen eines Buches als Metapher für Geschriebenes.

Das, was von überall in unserer täglichen Wirklichkeit als Ursymbol in den Blick kommt, ohne dass wir es erkennen, taucht in Gestaltform in meinen Arbeiten auf: die gerade Linie als Senkrechte und Waagrecht, das Kreuz, das Quadrat, das Dreieck, der Kreis.

Novalis wusste um den Zusammenhang zwischen dem Äußeren und dem Inneren in der Erscheinung der Dinge:

„Das Äußere ist das ins Geheimnis erhobene Innere“.

Ich denke für uns Menschen des 21. Jahrhunderts – und „im Übergang zu einer vierdimensionalen, integralen Kulturstufe“ (Jean Gebser) – ist dies von entscheidender Bedeutung.

Handarbeit, verstanden als vermenschlichtes, schöpferisches Tun, kann Arbeitsergebnisse geben, die Ureigenstes, Einmaliges, weil vom individuellen Menschen kommend, in ein Bild setzen.

Ich entwickelte in gewissem Sinne eine neuartige. ästhetische Form der Archäologie.
Meine Kompositionen sind ein Geflecht von materialer, emotionaler, literarischer, spiritueller Bezüge – in Gestalt gebracht.

Brigitte Fuchs

 

 

Auszug aus der Einführungsrede von Dr. Tobias Wall, Stuttgart, zur Ausstellung im Rathaus Stuttgart, 6. November 2007

Ganz besonders feine und subtile Arbeiten präsentiert uns Brigitte Fuchs. Die Künstlerin arbeitet mit textilen Materialien und Stoffen. Man könnte sie damit in die Tradition der modernen Textilkunst stellen, die ihren Anfang in den Werkstätten des Bauhauses nahm und von Künstlerpersönlichkeiten wie Rosmarie Trockel u.a. in die Gegenwart geführt wurde. Brigitte Fuchs knüpft mit ihrer Arbeit jedoch nicht primär an den kunstgeschichtlichen Gegebenheiten an, sondern verfolgt einen ganz eigenständigen und – wie ich finde – interessanten Weg. Brigitte Fuchs ist Restauratorin, die sich u.a. auf die Restaurierung von wertvollen Textilien spezialisiert hat. Ebenso interessant wie textile Preziosen waren für die Künstlerin aber immer auch alltägliche Gebrauchstextilien, Stoffe, die nach dem sie abgenutzt waren, weggeworfen wurden. Eines Tages entschied sie, gerade solche gebrauchten, zum Teil über 100 Jahre alten Alltagstextilien zu restaurieren. Sie entwickelte in gewissem Sinne eine neuartige, ästhetische Form der Archäologie.

Die Künstlerin fügt verschiedene ältere, zum Teil sichtbar benutzte oder sogar verwitterte, Textilelemente zusammen, verbindet sie kunstvoll durch farbige Seidenfäden oder bestickt sie mit feinen Linienknäueln oder Netzen. Handarbeit als eine besonders empfindsame und persönliche Form des künstlerischen Tuns. Brigitte Fuchs will, wie sie in einem Text zu ihrer Arbeit schreibt, „diese verletzten Gewebe in ein neues Gewand kleiden, ohne jedoch das alte zu verleugnen.“ Ihre Kompositionen von ganz besonderer sinnlicher Qualität und inhaltlicher Tiefe, die für mich nicht zuletzt die Würde und auch die Schönheit des Alltäglichen, d.h. gerade nicht „nicht Künstlichem oder Künstlerischem“ sichtbar machen.
Als alten achtlos weggeworfenen Fetzen wird textile Poesie.

 

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